Liebe Genossinnen und Genossen,
wenn wir nun auf das Jahr 2013 zurückblicken, dann müssen wir, aus antifaschistischer Perspektive, darauf aufmerksam machen, dass in diesem Jahr die rassistische Stimmungsmache an mehreren Stellen in der BRD und auch hier in der Region, offen zu Tage getreten ist. 2012 gab es drei Nazi-Aufmärsche vor Flüchtlingsunterkünften, bis November 2013 waren es schon 18. 2012 gab es 24 faschistische Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte, 2013 waren es, bis November, bereits 43. Diese Entwicklung ist alarmierend.
Die negativen Höhepunkte waren der kleine sächsische Ort Schneeberg und Berlin-Hellersdorf, wo die NPD gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürger vor Ort die rassistischen Proteste organisierten. Besonders erschreckend ist, dass es an mehreren Orten sogar Fackelmärsche gegen Migrantinnen und Migranten gab.
Die vorhandenen Ressentiments und die Sorge um den Wertverfall der Immobilien in der nähe von Flüchtlingsunterkünften, im bürgerlichen Lager reichten schon aus, dass organisierte Nazis mit Bürgerinitiativen, leider erfolgreich, zu solchen Aktionen mobilisieren konnten.
Den Nährboden für diese Entwicklungen liefern die, in einem Großteil der angeblichen “Mitte der Gesellschaft” vorhandenen, rassistischen Einstellungen. Phrasen wie „ich bin ja kein Rassist, aber …“ oder „das wird man doch wohl noch sagen dürfen“ gehören wieder zum Standardrepertoire von Stammtischen. Die Politik steigt mit ein, wie zum Beispiel Ex-Innenminister Friedrich. Er verwendete die Begriffe „Flüchtlingswellen“ und „Armutsflüchtlinge“ zur Hetze gegen Sinti und Roma. Oder die Hetze seiner Partei, der CSU, die aktuell mit faschistischen Parolen wie “Wer betrügt fliegt!” um sich wirft - eine Forderung mit der die NPD bis vor wenigen Jahren noch alleine war.
Ein Gemenge aus Rechtspopulisten, Konservativen, Nationalliberalen und weiteren Randgrüppchen, tat sich in den letzten Jahren besonders beim Hetzen, hervor. Aus diesem Millieu kommt auch die Partei “Alternative für Deutschland”. Einer ihrer Wegbereiter war schon Thilo Sarrazin. Er landete mit seinen rassistischen Pamphleten Bestseller und viel Beifall. Seine Hetze ist salonfähig geworden. Die AfD gründete sich und startete sogleich ihre rassistische Wahlkampagne: Phrasen von den “Faulen Griechen“ und „Osteuropäischen Armutseinwanderern“ reichten 2013 beinahe für den Einzug in den Bundestag. Bei der Konfrontation mit antirassistischen Gegnerinnen und Gegnern kommt es oftmals zu wütenden und inhaltsleeren Gegenreaktionen. Sofort flüchten sich die AFD’ler in die Opferrolle einer wahlweise angeblichen „Linksgrünen, stalinistischen oder linksfaschistischen“ Meinungsdiktatur.
In dieses Schema passt beispielsweise auch die Band Freiwild und ihre Anhänger mit ihren pseudo-provokativen Texten. Bei Nachfrage welche Vorstellungen denn mit der viel besungenen „Heimat“ verbunden sind, werden die Antworten entweder nationalistisch oder ausweichend.
Mit Bürgerinitiativen von Nazis wollen sie aber alle natürlich nichts zu tun haben. Die Vorgehensweise der AfD und von Bands wie Frewild ist vorsichtiger aber nicht weniger gefährlich. Charterfolge, Wahlerfolge, Medienpräsenz und Verkaufszahlen sind aus unserer Sicht sichtbarer Indikator einer alarmierenden Entwicklung.
Auf die Hilfe des Staates und seiner Repressionsorgane zu vertrauen, hat sich auch dieses Jahr wieder als unrealistisch erwiesen.
In Schneeberg griffen Nazis, geschützt von der Menge und der Polizei, einen Fotografen an. Freund und Helfer? Im Gegenteil: Aktionen von Flüchtlingen wurden und werden massiv eingeschüchtert. Bei der Refugees liberation Tour, einer Kampagne die auf die Situation der geflüchteten Menschen in der BRD aufmerksam machen sollte, mussten wir dieses Vorgehen auf verschiedenen Stationen in ganz Deutschland beobachten.
Wie groß ist die aktuelle Gefahr im Raum Stuttgart?
Auch bei uns, im Leonhardtsviertel, gab es schon Flyer gegen eine geplante Flüchtlingsunterkunft, ähnliches ereignete sich auch in den Landkreisen Esslingen und Göppingen. Und auch der Böblinger NPD-Kreisrat Janus Nowak beteiligt sich eifrig an der rassistischen Stimmungsmache.
In der aktuellen Situation lassen sich deutliche Parallelen zur rassistischen Stimmung Anfang der 90er Jahre ziehen, deren Höhepunkt, der rassistische Pogrom in Rostock-Lichtenhagen war. Auf Staat und Polizei war dort, wie immer, kein Verlass im Kampf gegen gewalttätige und mordwillige Faschisten. Antifaschistische Strukturen waren nicht in der Lage, die Angriffe zu verhindern, geschweige denn eine Gegenöffentlichkeit aufzubauen. Weder im Vorhinein noch direkt auf der Straße. Rostock-Lichtenhagen war eine Niederlage der antifaschistischen Bewegung. Diese Erkenntnis halten wir im Hinblick auf aktuelle Entwicklungen für entscheidend.
Die Konsequenz aus Rostock-Lichtenhagen und aus den aktuellen Entwicklungen und Anzeichen, ist offensichtlich. Die weitere Organisierung und Vernetzung der antifaschistischen Bewegung muss voranschreiten, wir sind in der Pflicht uns gegen den aufkeimenden, mal versteckten, mal offenen Rassismus zur Wehr zu setzen. In Zukunft gilt es Flüchtlinge und ihre Unterkünfte gegen faschistische Attacken zu verteidigen, wir müssen rassistischer Hetze von ihrem Entstehen an entgegentreten, egal ob sie von der CSU der AfD, der Bild oder den Faschisten direkt kommt!
Kommt zu antifaschistischen Treffen und Aktionen, organisiert euch gegen Rassismus, Faschismus und die rechtspopulistischen Hetzer.
Wir dürfen nicht nocheinmal schlafen oder ohnmächtig zuschauen.
Rassismus entgegentreten- Refugees are welcome here !
Die Antifaschistische Aktion aufbauen!!!