Am 1. Mai waren in Stuttgart wie immer zwei Demonstrationen geplant. Die DGB-Demo und die darauf folgende revolutionäre Demonstration. Bereits bei der gewerkschaftlichen Demonstration wurde der „antikapitalistische Bereich“ von der Polizei stark angegangen und damit der hintere Teil der Demonstration gestoppt. Der Demozug wurde wegen Nichtigkeiten (gelber Rauch, Durchrennen eines Papierpalakats, ..) in zwei Teile gespalten – Bereits jetzt wurde Pfefferspray, sowie eine Reiterstaffel gegen die Demonstrierenden eingesetzt. Die später am Schlossplatz beginnende revolutionäre Demo wurde vollständig verhindert und gegen die Teilnehmenden wurden massiv Pfefferspray und Knüppel eingesetzt.
Wir als aktive Gruppen aus dem Aktionsbündnis „Stuttgart gegen Rechts“ verurteilen das Vorgehen der Polizei auf das Schärfste. Das Ausmaß an Eskalation, das die Polizei gegen die Demonstrierenden anwandte, war für den 1.Mai in Stuttgart ein Novum und stellt einen grundsätzlichen Angriff auf das Versammlungsrecht dar.
Im Aktionsbündnis SgR organisieren wir seit über sechs Jahren Demonstrationen und Veranstaltungen in Stuttgart. In den letzten Jahren konnten wir zunehmend beobachten, wie eine immer rigorosere Polizeitaktik an den Tag gelegt wird. Die Polizei tritt zunehmend als politische Akteurin auf, die unser Recht auf Versammlungsfreiheit stark einschränkt bis verhindert. Überzogene Auflagen werden so kurzfristig vor den Terminen verschickt, dass eine oft notwendige Klärung auf dem Rechtsweg erschwert wird. Damit werden unser legitimer Protest und Demonstrationen eingeschränkt und wie in Cannstatt beispielsweise verhindert. Mit den daraus resultierenden Bildern – die mediale Berichterstattung trägt ihren Anteil – werden gezielt Ängste und Spaltungen in der linken und gewerkschaftlichen Bewegung geschürt.
Dieses Vorgehen ist inakzeptabel und stellt eine direkte Bedrohung für unsere Grundrechte im Allgemeinen sowie den Zusammenhalt progressiver linker Kräfte im Speziellen dar, die angesichts der gesellschaftlichen Machtverhältnisse so wichtig ist.
Das Motto des Gewerkschaften am diesjährigen 1. Mai lautete „ungebrochen solidarisch“. Wir sind davon überzeugt, dass diese Solidarität gerade auch innerhalb dieser gesellschaftlichen Linken notwendig ist. Unsere langjährige Erfahrung der spektrenübergreifenden Zusammenarbeit hat uns gezeigt, dass wir besonders dann stark sind, wenn wir uns trotz unserer politischen Unterschiede nicht spalten lassen. Wir teilen einen bestimmten Minimalkonsens – sei es der notwendige Widerstand gegen Rechts, das Verhindern von Rollbacks gesellschaftspolitischer Errungenschaften oder der Kampf für bessere Arbeitsbedingungen. All das ist ein ohnehin aufreibender Kampf. Mit ihrer Strategie versuchen unsere politischen Gegner unsere Bewegung wo es nur geht zu schwächen und lassen die politischen Verantwortlichen und die Polizei Keile zwischen uns treiben. Der Versuch, uns in „gute“ und „schlechte“ Demonstrierende zu unterscheiden, wie zuetzt am 1. Mai, ist Teil davon.
Wir rufen alle dazu auf, sich untereinander solidarisch zu zeigen und für das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit einzutreten. Nur gemeinsam können wir uns gegen zunehmend autoritäre Maßnahmen, die Teil eines politischen Rechtsrucks sind, zur Wehr setzen. Das ist die notwendige Voraussetzung dafür, um für gemeinsame politische Ziele zu kämpfen.